Künstliche Intelligenz im Recruitingprozess

Künstliche Intelligenz im Recruitingprozess

(Bildquelle: adobe.stock.com – Tatiana Shepeleva)

Künstliche Intelligenz im Recruitingprozess

Bedeutet künstliche Intelligenz im Recruitingprozess die Zukunft?

Wer kennt das nicht:

Ihre Qualifikationen und Ihre Arbeitserfahrung passen perfekt zu dem Stellenprofil, auf das Sie sich zuletzt beworben haben. Auch das Vorstellungsgespräch verlief sehr gut. Abgesagt wurde Ihnen trotzdem.

Verstehen können Sie das nicht, denn einen fachlichen Mangel können Sie beim besten Willen nicht feststellen. Mochte Sie der Personaler vielleicht nicht? Oder lag es doch daran, dass Sie eine Frau im gebärfähigen Alter sind? Wäre die Entscheidung gegen Sie genauso ausgefallen, wenn das Unternehmen statt Menschen die Entscheidung KI, also künstlicher Intelligenz, überlassen hätte? Denn die entscheidet neutral, alleine auf Grund von Fakten. Zumindest sagt man ihr das nach.

Ob künstliche Intelligenz im Recruitingprozess tatsächlich Vorteile bringt, und wie KI-gelenkte Bewerbungsverfahren aussehen, erfahren Sie hier.

Welche Rolle spielen heute Vorurteile im Recruitingprozess?

Sofern die Entscheidung darüber, wer zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird, noch von Menschen getroffen wird, spielen Vorurteile sicherlich eine Rolle. Attraktive Menschen werden eher eingeladen, als nicht so schöne. Männer bevorzugen die hübsche junge Bewerberin: obwohl sie eigentlich noch zu wenig Arbeitserfahrung für die ausgeschriebene Position hat. Frauen geben bewusst der eher unattraktiven Bewerberin eine Chance, und verzichten auf den männlichen Schönling.

Der Bewerber mit dem unaussprechlichen Namen wird besser nicht eingeladen. Vielleicht, weil dieser ausländisch klingt, vielleicht aber auch, weil man sich bei der Ansprache des Bewerbers nicht verhaspeln möchte. Die zwar verheiratete, aber noch kinderlose, Mittdreißigerin wird besser auch nicht eingeladen: sicher will sie nun doch schwanger werden. Der Muslim könnte Gebetszeiten einhalten oder den Ramadan begehen wollen, und dadurch abgelenkt sein.

All diese Gedanken spielen bei Recruitingentscheidungen durch Menschen tatsächlich eine Rolle. Und was haben sie mit der notwendigen Qualifikation für die zu besetzende Position zu tun? Gar nichts! Und genau das ist das Problem. Menschen fällt es sehr schwer neutral und nur auf den Qualifikationsabgleich fokussiert zu entscheiden. Ganz einfach, weil der Mensch ein emotionales Wesen ist und, zumindest im Hinterkopf, seinen eigenen Vor- oder Nachteil bedenkt.

Für Vorgesetzte ist es letztlich störend bis problematisch mit den abweichenden Feiertagen des Muslims, die nicht zu den Geschäftserfordernissen passen, und der schnell eingetretenen Schwangerschaft der neuen Projektmitarbeiterin umgehen zu müssen. Auch, wenn vorher niemand wissen kann, ob diese Dinge überhaupt eintreten würden: man baut lieber vor, und schließt von vornherein aus. Das macht den Recruitingprozess zum einen ungerecht, und zum anderen fragen Sie sich zu Recht, ob von ihren Emotionen geleitete Menschen hier wirklich die beste Entscheidung für das Unternehmen und die Stellenbesetzung treffen.

Vielleicht wäre ein neutraler Blick, der die menschlichen Eventualitäten ausspart, viel zielführender, um die Position mit der Person zu besetzen, die tatsächlich am besten qualifiziert ist.

Kann künstliche Intelligenz im Recruitingprozess helfen und für Effizienz sorgen?

Das Ziel von KI im Recruiting ist das Perfect Match. Also den Bewerber zu finden, der perfekt passt. Ohne Seitenblicke auf das Privatleben der Bewerber. Zunächst steht im Recruitingprozess die Prüfung des Lebenslaufes. Hier ist KI bereits gut einsetzbar, denn es geht um einen reinen Abgleich von erforderlichen Qualifikationen gegenüber erbrachten Qualifikationen und Erfahrungen.

Darauf ist KI programmierbar. Sowohl für die aktive Suche nach Mitarbeitern in Netzwerken und Online-Jobbörsen, als auch bei der Auswahl eingehender Bewerbungen. Hierfür wird die Methode des Machine Learning eingesetzt. Das bedeutet, dass Computer-Algorithmen mit Daten gefüttert werden, und lernen, Muster darin zu erkennen.

Ein Unternehmen wünscht sich zum Beispiel einen Mitarbeiter, der einen aus einem Pool von verschiedenen Universitätsabschlüssen mitbringt, Leitungserfahrung hat, gewisse Fremdsprachen spricht, und bestimmte Fortbildungen absolviert hat.

Wenn ein Bewerber also eine genügend große Treffermenge aus den individuellen Erfordernissen mitbringt, wird er von der KI automatisch in Betracht gezogen. Unerheblich wie alt er ist, welcher Religion oder Ethnie er angehört, und welches Geschlecht er hat. Dieser Recruiting-Schritt kann schon heute an KI übergeben werden. Weitere Vorteile, neben Objektivität und Transparenz: die Bewerberauswahl erfolgt effizient und effektiv und somit kostensparend. Eine hohe Datenmenge kann in kurzer Zeit durch die KI gesichtet und bewertet werden.

Abseits der reinen Fakten: KI im Gespräch mit Menschen

Was passiert, wenn es zum Gespräch mit dem Bewerber kommt? Ist der Mensch dann noch notwendig? Oder kann KI den Auswahlprozess weiter selbständig durchführen? Zunächst müssen Sie unterscheiden, welchen Anlass das Bewerbergespräch hat.

Geht es darum zu Beginn des Recruitings einige gängige Fragen zu klären, die einfach zu beantworten sind? Hier wird KI in Chatbots eingesetzt. Auf Grund eines Dialog-Schemas, das vorprogrammiert wurde, „führt“ KI ein schriftliches oder mündliches Gespräch mit Bewerbern, um Fragen zu klären oder Informationen zu geben. Zum Beispiel: die Bewerbungsunterlagen wurden nicht vollständig hochgeladen. Der Bewerber möchte wissen was zu tun ist.

Es gibt eine Standardantwort. Oder: der Bewerber möchte wissen wie das Verfahren weiter vor sich geht. Die KI informiert darüber, wann die Auswahlgespräche stattfinden werden. Hier geht es nicht darum Zusatzinformationen vom Bewerber zu erlangen, sondern um reinen Informationsaustausch. Der Einsatz von KI ist hier kostensparend, aber ohne Mehrwert.

Gewinnbringend kann KI jedoch in Online-Assessment-Centern eingesetzt werden. Für viele Übungen ist es nicht notwendig, dass die Bewerber sich körperlich an einem Ort zusammen finden. Logik- oder Zuordnungsaufgaben, Allgemeinwissens- und Persönlichkeitstests können problemlos online absolviert und von KI neutral ausgewertet werden. Nicht geeignete Bewerber werden aussortiert.

Was kann KI im Recruiting (noch) nicht?

Zunächst ist ernst zu nehmen, dass Recruiting ein zweiseitiges Geschäft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist. Arbeitgeber haben ein Interesse daran möglichst kosteneffizient das Perfect Match zu machen.

Arbeitnehmer sind nicht ausschließlich bestimmt von Fakten. Um gute Leistungen bringen zu können, sind für sie die eigenen Emotionen durchaus wichtig. Bewerbern ist es oft ein Anliegen zu erfahren mit welchen Menschen sie zusammen arbeiten werden, ob ihnen der Vorgesetzte sympathisch ist und ob sie glauben mit ihm gut kommunizieren zu können. Dieses Gegenüber kann KI, beispielsweise im Bewerbungsgespräch, nicht simulieren.

Auch ist es für Arbeitgeber nicht unerheblich gut funktionierende Teams zu haben. Hier liegt ebenso eine Grenze der KI, denn ob ein Bewerber ins Team und zur Unternehmenskultur passt, lässt sich mit platten Fakten kaum ermitteln. Denn es geht um Soft Skills und individuelle Wertvorstellungen, die alleine basierend auf Fakten schlecht ermittelbar sind.

Was Wertvorstellungen angeht könnte KI auch leicht hinters Licht geführt werden. Bewerbern ist oftmals durchaus bewusst, welche Antworten hierzu von ihnen erwartet werden. Ob sie ernst gemeint sind, oder der Bewerber lügt, bemerken Menschen eher, als KI.

Wie sieht die Zukunft aus?

So bleibt festzustellen, dass künstliche Intelligenz im Recruitingprozess bereits jetzt sinnvoll eingesetzt werden kann. Ob die Einstellungsprozesse in absehbarer Zeit völlig automatisiert werden können, hängt von zwei Dingen ab: erstens davon inwieweit sich Bewerber und Arbeitgeber auf einen rein automatisierten Bewerbungsprozess einlassen möchten.

Zweitens davon wie optimal KI sich zukünftig programmieren lässt. KI funktioniert nämlich nur so gut, wie sie zuvor von menschlicher Seite durchdacht und programmiert wurde. Sie muss mit Daten gefüttert werden, an denen sie sich zu orientieren hat. Je feinmaschiger dies passiert, umso mehr Chancen hat KI erfolgreich zu sein, und auch die menschlichen Gegenüber zufrieden zu stellen und deren Bedürfnisse zu befriedigen.

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